Tief Untertage…

…schürfe ich das Sonnenlicht, das Feuer, das vor Jahrmillionen in die Erde stürzte…

Ihr Titel

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Ich bin auf der Suche nach den verborgenen seelischen Formkräften, die in unvorstellbar langer Entwicklung, unendlich differenziert die Menschwerdung möglich machten. Bewußtseinsgeschichte.

Ich durchdringe die Farne, die ich heute als glänzende Kohlestücke in Händen halte. Ihre schwarzen Schichtungen wie Miniaturberge, verdichtete Zeit. Die hohen Gebirgsketten – ebenso Form gewordene Sedimentierungen. Die Moorsonne steht am Himmel. Blei und Zink in Bad Bleiberg wurden Mutter Erde mühsam abgerungen: 1 bis 3 cm pro Tag mit Schlägel und Eisen. In einem Kärntner Hochtaldorf. Alpines Ruhrgebiet. Heiße Quellen. Weiches Wasser und steinharte Stollen. Heil_klima_stollen. Wirkungsstark. Die Schutzpatronin Barbara hilft unsichtbar mit. 1993 endet dort nach 700 Jahren die Bergbautätigkeit.

Untertage haben komplizierte biochemische Prozesse Umwandlungen möglich gemacht. Torf > Braunkohle > Steinkohle > Graphit > Diamant. Übertage, im menschlichen Gehirn machen komplizierte biochemische Prozesse Seelenumwandlungen möglich. Unbewußtes > Psyche > Botenstoffe > Aktionspotentiale durch unterschiedliche energetische Zustände = Handlungs-Möglichkeiten! Kommunikation durch Informationsübertragung. Neuronale Netze. Weltweite Netze. Internetze. Streckennetz Untertage. Anfahren mit dem Förderkorb ins Innere zum Selbst. Zum Schwarzen Gold.

Glück auf!

Barbara Meisner, 2017 im Kärtner Bergdorf Bad Bleiberg

 

In the sunlight, deep down below ground, I dig for the fire that fell into earth millions of years ago. I search for the arcane emotional formative powers which made incarnation possible in such a highly sophisticated process and in an unimaginably long-lasting period of time. History of awareness.

I make it through the ferns and today I hold them in my hands as shining pieces of coal. Their black layering like miniature mountains. Solidified time. Sedimentations transformed into the shape of high mountain ranges. The marsh sun is in the sky. Common lead and black-jack had been painfully wrested from mother earth in Bad Bleiberg: 1–3 cm drivage per day. With hammer and pick. In a high valley in Carinthia. Alpine Ruhr. Hot springs. Soft water and adamant mining galleries. Microclimate tunnels. Strong impact. Patron Saint Barbara invisibly helping and assisting. After 700 years of operation mining activities cease in 1993.

Below ground elaborate biochemical processes made transformations possible. Peat > brown coal > black coal > graphite > diamond. Above ground in the human brain, elaborate biochemical processes enable transformations of the spirit. Subconsciousness > psyche > messenger substances > action potentials by means of varying energetic conditions = options for actions! Communication by means of information transfer. Neural networks. Worldwide networks. Internets. Underground route systems. Go below ground inside a pit cage into your innermost self. To the Black Gold. Good Luck! Glück Auf!

Translation: Reinhard Weixler, Bad Bleiberg 2017

Dr. phil. Emmanuel Mir, selbstständiger Kunstwissenschaftler, Autor und Kurator
Düsseldorf, April 2024

Alte Energien, neue Energien, ewige Energien
Der künstlerische Weg der Barbara Elisabeth Meisner

Alles besteht aus der gleichen Energie, die sich in einer Million unterschiedlicher Art manifestiert.
Sadhguru

Wie kann Energie visualisiert werden? Nicht als wissenschaftliches Bild, nicht als physikalisches Modell, nicht als Kurve, als Welle oder als Farbdiagramm. Also nicht als bildgebendes Verfahren, das die Ergebnisse einer Messung grafisch übersetzen würde. Gemeint ist nicht diese Art von Visualisierung und auch nicht diese Art von Energie. Gemeint ist die Energie, die vom Inneren eines Lebewesens stammt, in sein Äußeres hinausstrahlt und jeden Organismus zu wirken befähigt. Gemeint ist eine nicht messbare Energie, eine Frequenz, eine Schwingung, eine an das Geistige angebundene Kraft, die Materielles und Immaterielles, Bewusstes und Unbewusstes zusammenführt. Eine Energie, die das Ego transzendiert und vom Atomkern bis zu den Weiten des Kosmos alles ergreift und belebt. Gemeint ist die spirituelle Energie, die alles mit allem verbindet. Die Energie als Manifestation der allschöpferischen Kraft – um mit den Begrifflichkeiten der Künstlerin Barbara Elisabeth Meisner zu sprechen.

Wie kann also Energie – diese Art von Energie – visualisiert werden? Um den Ansatz einer Antwort zu finden, würde Barbara eine Geschichte  erzählen. Geschichten und Erzählungen dringen nicht nur in jeden Kopf und in jedes Herz besonders tief ein, sondern haben die Fähigkeit,  unterschiedliche Motive miteinander zu verweben, um ihnen eine übergeordnete Bedeutung zu geben. Aus zerstreuten Ereignissen und  (scheinbar) beliebigen Vorfällen machen sie eine schlüssige, zusammenhängende Lebensgeschichte. Erzählungen treiben die Kontingenz aus unserer Existenz heraus. Deshalb soll hier eine kurze Geschichte der Barbara erzählt werden.

Barbara Elisabeth Meisner wurde 1964 in Marl geboren, eine am nördlichen Rand des Ruhrgebiets gelegene, seit Ende des 19. Jahrhunderts vom Bergbau geprägte Stadt. Ihr Vater war Bergmann, heute ist er Experte für Graphit. Das Schicksal der Familie hing also größtenteils von der Extraktion und der Verarbeitung von Kohle ab. Abgesehen von diesem engen, biografischen Bezug zur Kohle, ist Barbara in einer Welt aufgewachsen, deren hauptsächliche Daseinsberechtigung von fossilen Energien bestimmt war. Ohne Karbon kein technischer Fortschritt, keine kapitalistische Organisation der Gesellschaft, keine militärische Überlegenheit des globalen Nordens, keine Zivilisation, wie wir sie heute kennen. Die Abhängigkeit der Menschheit zu dieser alten Energiequelle muss Barbara, die ihrem Vornamen der Schutzpatronin des Bergbaus verdankt, bereits in frühen Jahren verinnerlicht haben. Dazu kam eine unleugbare Faszination für die metaphorische Tragweite des Werkstoffs Kohle. Doch dazu später mehr.

Ihr Titel

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Anfang der 1990er Jahre ging Barbara Meisner nach Nizza, um ein Kunststudium an der ‚Villa Arson‘, einer interdisziplinar lehrenden Kunstakademie mit angeschlossenem Ausstellungsort und Künstlerresidenz, zu absolvieren. In dem Zusammenhang machte sie Assitenz für Elaine Sturtevant und Martin Kippenberger. Die Villa war zu dem Zeitpunkt eine Hochburg der concept und minimal art, die ihren Studierenden eine intellektualisierte bis raffiniert-verklausulierte Kunstvorstellung vermittelte. In dieser elitären Umgebung nahm Meisner eine  Ausnahmeposition ein – mit ihrem bereits vorhandenen Interesse für Biografien über indische Yogis oder dem Leben in Schweigeklöstern, über Berichte von Nahtoderfahrungen oder die Archetypen C.G. Jungs. Mit künstlerischen Referenzen zu Vincent van Gogh und Joseph Beuys in ihrer eigenen Arbeit, in der Inszenierungen der Barockmalerei auf Strategien der Pop Art traf.

Zurück in Deutschland steuerte sie auf Düsseldorf zu. Sie war nun ‚am südlichen Rand des Ruhrgebiets‘ angelangt, nicht gerade ein Zentrum der spirituellen Erweckung, eher ein guter Platz für eine Karriere im Kunstsystem. Ihr Werk aus dieser Zeit (grob: von Mitte der 1990er- bis Mitte 2010er-Jahren) pendelte noch zwischen Selbstfindung und der Anpassung an die inhaltlichen und ästhetischen Normen der Kunstwelt.

Ein schwieriger Balanceakt zwischen Innenzentrierung und Außenorientierung. Mit einer guten Portion Selbstironie und noch mehr  Ernsthaftigkeit setzte sie sich mit Magie, Mythen, Märchen und Archetypen auseinander, die sie in offene Verbindung mit ihren individuellen Interessen brachte. So realisierte sie Video- und Werkreihen (zusammen mit Ute Janssen innerhalb des gemeinsamen Filmprojekts „Doppelherzprojects“) zum Motiv der Nixe, als dramatische, in einer entzauberten Welt gestrandete Figur oder inszenierte sich als ‚Mara
Zenia‘, die Delegierte unseres Nachbarplaneten Venus, die der Menschheit mit weisen Botschaften zu helfen weiß. Sie lernte die Thesen von Masaru Emoto zur Gedächtnisfähigkeit von Wasser kennen und erkannte immer deutlicher die Verbindung von Geist und Materie. Eines ihrer Leitmotive, die Kohle, behandelte sie immer weniger in seiner rein werkstofflichen Konkretion, sondern immer mehr in seinem transzendentalen Potenzial.

Im Nachhinein erscheint diese Phase als nötige Vorbereitung auf die künstlerische Arbeit der heutigen Zeit. Ihre „Lichtduschen“ aus den frühen 2000er Jahren wirken noch kunstmarktförmig, ihr Hintergrund – die Möglichkeit einer Veränderung der individuellen Psyche durch positive Energien vermittelt durch Worte und Licht – mag jedoch einige Wächter des Kunstfeldes vor dem Kopf gestoßen haben. Zu Beginn des neuen
Jahrtausends hatte das Geistige in der Kunst immer noch seine Mühen: „Als Postulat ganz okay, aber es bitte nicht zu ernst nehmen“.

Die Rezeption einiger großen Namen der Moderne, ob Kandinsky, Malewitsch, Mondrian oder Af Klint wurde bislang von ihrer spirituellen Bedeutung weitestgehend bereinigt, um den disruptiv-revolutionären Charakter ihres Werkes zu unterstreichen. Mit Aufbruch, Sezession und ‚épater-le-bourgeois‘-Haltungen konnte die Kunstwelt der Postmoderne arbeiten, mit dem sensiblen Konnex von Kunst und Spiritualität nur als Randerscheinung.

Diese Haltung passte immer weniger mit den immer stärker werdenden Einsichten und Überzeugungen der Barbara Elisabeth Meisner. Sie war bereits auf ihrem Weg. Das Motiv der Kohle verschwand nicht aus ihrem Repertoire, es veränderte sich aber merklich. Besser und genauer gesagt, es wechselte in eine metaphorische Form. Diese grundsätzliche Transformation beschreibt prinzipiell den allgemeinen geistig-künstlerischen Prozess, der sich seit Anfang der 2010er Jahren in Meisners Werk angebahnt hatte und nun – wir schreiben das Jahr 2024 – zur reifen Entwicklung gekommen ist.

In ihren unterschiedlichen Aggregatzuständen erweist sich Kohle als passende Metapher der Metamorphose. Das hatte Barbara Meisner schon lange begriffen als sie die Entstehung und Veränderung des Stoffes beschrieben hatte: „Torf wird zur Braunkohle wird zur Steinkohle wird zum Graphit wird zum Diamanten.“ Ein quasialchemistischer Veredelungsprozess, bei dem grobe zu kostbarer Materie wird. In ihren Schriften brachte
Meisner diese physikalische und chemische Transformationskraft sogar in Verbindung mit dem menschlichen Entwicklungspotenzial zusammen. „Während Untertage komplizierte biochemische Prozesse eine Umwandlung der Kohle möglich machen“, schrieb sie, „erfolgen an der Oberfläche ähnliche Prozesse im menschlichen Gehirn und im Herz, um eine Seelenumwandlung herbeizuführen.“

Genau wie die physikalische Energie in der Zeit nicht ab-, sondern neue Formen annimmt, hat sich das Werk von Barbara Elisabeth Meisner grundlegend gewandelt und ist sich zugleich immer treu geblieben. Auf materialästhetischer Ebene sind die alten, großen, industriell wirkenden Installationen, mit teilweise mechanisch betriebenen Teilen – dem Einfluss von Joseph Beuys und vor allem Reinhard Mucha geschuldet – zugunsten leichterer und traditioneller Medien wie Öl- und Acrylfarbe, Kreide, Aquarell oder Tusche gewichen. Hinzugekommen sind außerdem Schellack, Graphitpulver, lose Pigmente, irisierende Gold- und Silbertöne, Glitter und aus ihrer ‚Hexenküche‘ Naturfarben und Sud aus gekochten Pflanzenteilen. Auch Tee, Kaffee, Erde oder zerkleinerte Walnuss-Schalen werden auf den Bildern verklebt und zum Teil wieder bemalt. Dieser zusätzliche Einsatz von heutzutage etwas altmodisch anmutendem Material weist eine mediale Großzügigkeit auf.

Auf ikonografischer Ebene sind die Ruhrpott-Referenzen sowie die Verweise auf die materielle Verarbeitung von fossilen Brennstoffen nach und nach verschwunden und durch Motive ersetzt worden, die einen höheren, universelleren Grad der energetischen Verwandlung darstellen: Lichtschalen, platonische Körper, Lichtkörper der Menschen, Pilze und deren Myzel, Ammoniten und die Zeit, Sonnen, Wasserreflexe, der Kosmos, der Mond und die Planeten, Sternenstaub und immer wieder ‚Der Tod und das Mädchen‘.

Ihre raumgreifende, interaktive Ton- und Lichtinstallation mit Plexiglasplatten auf dem Boden und Miniatur-Polyesterberge mit farbiger Loop-Beleuchtung, betätigt durch Boden-Ein-Aus-Schalter der Besucher, dem „Expansion mit Erweiterungsgerät“ von 1997, der Meisner den Förderpreis der Stadt Düsseldorf einbrachte, bis hin zu ihrem monumentalen Gemälde „We are all one“ von 2023 liegen Welten – ästhetische Welten. Aber da alle Welten durch zahlreiche Zeit- und Raumbrücken miteinander verbunden sind, erscheint diese Entfernung unbedeutend. Damals wie heute ging es Barbara Meisner um die ‚Ausdehnung des Menschen (in den Weltraum)‘ und um die ‚Verbindung von Kosmos und Erde‘. Diese Verbindung kann die Gestalt eines Menschen haben, dessen Skelett durch seinen Körper scheint und der einen Rechen in der Hand hält (die Zeichnung „Gärtner (kosmische Ordnung)“ von 2023) oder die abstrakt-symbolistische Gestalt eines wellenden, flimmernden Kegels annehmen (das Aquarell „Lichtkegel“ von 2001) – stets ist die Freude der Barbara zu spüren, eine übergeordnete, alles verbindende Kraft zu feiern. Ein erlebter Moment in der Natur oder eine synthetische Darstellung eignen sich gleichermaßen dazu. Die lockeren, leichten, bebenden und nassen Setzungen der Aquarellfarbe oder des Graphitstifts sind wie ein Tanz auf dem Papier. Die Energie der Barbara verschmilzt mit der Energie des Lebens, die sie im Augenblick der Bildproduktion empfindet.

Diese Art von Korrespondenzen zwischen früheren und jüngeren Werken lässt sich beliebig fortführen. Ob in den allerersten Zeichnungen, die das unmittelbar Gesehene in der bayerischen Landschaft mit weichen, schlingenden und doch kräftigen Linien festhält oder in den Ölkompositionen der 2020er Jahren, die die Überzeugungen einer erfahrenen Frau und die Spuren ihrer meditativen Praxis wiedergeben: Stets wird die Natur
gepreist. Die Natur ist ein Fest und Meisner feiert sie ausgelassen. Ihr zeichnerischer und malerischer Duktus ist offen, rund, bestimmt und schnell; man entnimmt eine große Lebendigkeit und Begeisterungsfähigkeit. Das musikalische Prädikat ‚allegro con brio‘ beschreibt Meisners Arbeitsenergie gut. Meisner gibt. So wie sie sich beschenkt fühlt, schenkt sie weiter.

In frühen Arbeiten ist die gefeierte Natur die unmittelbare, sichtbare, rein physische Natur. Eine Landschaft in der Provence, eine Hafenansicht in Jugoslawien, der bayerische Wald, irgendwo bei Passau. In den neueren Arbeiten ist die gefeierte Natur mehr als dies, es ist die ‚Natur der Natur‘, um den Spruch des Philosophen Edgar Morin zu übernehmen. Die Natur als Prinzip, als Ganzes. Die Natur als Manifestation einer höheren Kraft, als Emanation einer transzendentalen Schöpfung, die durch die Kunst sinnlich erfahrbar wird. Und Meisners Bilder sind sowohl Ausdruck einer individuellen Haltung gegenüber der Schöpfung als auch eine offene Einladung, diese Haltung zu teilen.

Weil sie als Einladungen formuliert sind, sind diese Bilder sofort zugänglich. Der ‚naive‘, nicht künstlerisch gebildete Blick ‚versteht‘ auf Anhieb, worum es geht. Die intuitive Leseart ist oft die richtige: Eine nackte, weibliche, langhaarige Gestalt im Rückenansicht streckt ihren Körper in die gesamte Breite des Bildes und dringt durch Farbschleier durch (das Ölgemälde „Eintauchen“ von 2023). Die Hingabe, die vollkommene Versunkenheit des Aktes ist sofort spürbar. Weil der Raum so abstrakt – so eindeutig ‚Malerei‘ und so wenig ‚Welt‘ ist – ist es aber auch für Nicht-Eingeweihte begreiflich, dass wir im Bereich des Allegorischen sind und nicht irgendeinem trivialen Badespass beiwohnen. Kompositionen wie das bereits erwähnte „We are all one“ ebenfalls von 2023, verhandeln zwar komplexere Zusammenhänge und erweisen sich als etwas kryptischer,
bleiben aber erreichbar. Das Bild verwebt freie, malerische Akzente mit narrativen, auf Archetypen beruhenden Motiven, die erahnt oder erspürt werden können. Die Künstlerin möchte offensichtlich lesbar bleiben. Ihre Malerei – wie alle Kunst – erfordert eine gewisse Rezeptionsbereitschaft. Aber wer diesen Bildern offen und unvoreingenommen begegnet, begreift die universellen Botschaften, die Barbara Elisabeth Meisner zur Gestalt bringt.

Rein motivisch schreibt sich Meisners Werk in eine kunsthistorische Tradition ein, die man im Abendland auf die Mystik des Mittelalters zurückführen könnte, und die, außerhalb unserer Kultursphäre, noch deutlich älter und reichhaltiger ist. Es wäre sicherlich lohnend, diese Arbeit in Verbindung mit der frühen christlichen Ikonografie zu bringen und die jeweiligen Strategien einer Sichtbarmachung des Unsichtbaren zu vergleichen. Stilistisch findet man eher Verwandtschaften in der Moderne. Ein paar Inspirationen wurden bereits genannt – gerade im Meisners (späteren) zeichnerischem Werk erkennt man den Einfluss eines Joseph Beuys aufgrund ihrer organisch-umschlingenden, alles vernetzenden Linie und ihrer Aufmerksamkeit für die symbolische Bedeutung von Materialien. Hinzufügen wäre die vibrierende Palette eines Odilon Redon, die ornamentale Wucht eines Gustave Moreau oder einer Leonora Carrington die, wie beinah alle Symbolisten, die Synthese von Kunst und
Spiritualität gesucht haben.

‚Kunst und Spiritualität‘ – noch heute ist dieses Begriffspaar mit dem Stempel des Esoterischen und Irrationalen versehen. Seit der Aufklärung und ihrem Monopolanspruch auf vernunftgesteuerte Erklärungsmodelle, findet, trotz vereinzelten Wiederbelebungen, eine weitgehende Stigmatisierung des Geistigen in der Kunst statt. Als ob die Kunst nicht aus der Sehnsucht entstanden wäre, eine spirituelle Energie sinnlich greifbar zu machen. ‚Energie‘ ist übrigens auch so ein Begriff. Ein schwieriger. Wenn er nicht die Form von Energie meint, die mittels Wärmekamera, Radar oder Kardiogramm als quantifizierte Größenordnung zu erfassen ist, wird ihm vorschnell misstraut. Zu diffus, zu mehrdeutig, zu subjektiv. Zu verhaftet in einer uralten Weltdeutung, die man unbedingt überwunden wissen will. Dieser Energiebegriff, diese besondere Form einer inneren Energie, die die Schriften der Sufis, die Bildvisionen von William Blake, die ekstatische Tänze der Derwische oder
die gregorianischen Gesänge tragen, wurde aus der abendländischen Kunst zum großen Teil verbannt.

Womit wir wieder am Anfang dieses Textes stehen. Um, an dieser Stelle, sein Ende zu verkünden. Es ist auch das vorläufige Ende der Geschichte der Barbara. Wir haben gesehen, wie ihr künstlerischer Weg sich von der ‚verliebten‘ Beobachtung ihrer Umgebung zum tieferen Erspüren der Natur der Natur herausentwickelt hat. Auf ihrem persönlichen und künstlerischen Weg hat sie die Verflechtung aller Dingen, ob physisch
oder nicht, erfasst. Verflochten sind diese Dinge durch Energie. Belebt sind diese Dinge durch Energie. Wir haben mit diesem Begriff ein wenig gespielt, wir haben ihn als roten Faden entlang Barbaras Wege gezogen. Der rote Faden wirkt etwas künstlich in der Landschaft, aber er macht die Entwicklung der Barbara deutlich. (Ebenso künstlich ist die überspitzte rhetorische Opposition dieser beiden Energien, die, eigentlich viel weniger trennen, als es zunächst scheint). Rückblickend ist es eine Entwicklung von der alten, schweren Energie, die Maschinen brauchen, um weitere Maschinen zu bewegen, zu einer feinstofflichen, ätherischen Energie, die durch das Leben pulsiert. Die Geschichte der Barbara Elisabeth Meisner erzählt den Übergang von der industriellen Welt zu einer Ära, die möglicherweise schon angebrochen ist und die offiziell noch keinen Namen bekommen hat.

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